Ein Zitat macht mit einem Vergleich deutlich, worum es geht:
"Menschen
nehmen Tonhöhen mit bis zu vier Oktaven Unterschied wahr. Als ob man
statt einer gelben eine blaue Banane sehen würde." Dr. Peter Schneider
Es geht darum, dass die Menschen sich unterscheiden in der Art ihrer akustischen Wahrnehmung und Verarbeitung: es gibt Grundtonhörer, und es gibt Obertonhörer. Ich bin Grundtonhörer, was auch dazu passt, dass ich Drummer bin - bzw. durch meine Art zu hören dieses Instrument ausgesucht habe. Dazu später mehr. Das Ganze ist ein recht komplexes Thema, daher werde ich es auf mehrere Beiträge aufteilen.
Nun muss man erstmal klären, was Grund- bzw. Obertöne überhaupt sind. Ein natürlicher Klang besteht aus eben diesen beiden Komponenten - der Grundfrequenz (= Grundton) und Vielfachen dieser Frequenz (= Obertöne). Der Charakter von Geräuschen, Stimmen, Instrumenten etc.wird definiert durch das Obertonspektrum, also Anzahl und Stärke der Obertöne.
Es gab damals einen auf CD beiliegenden Hörtest, um zu ermitteln, ob jemand eher Grundtöne oder Obertöne wahrnimmt. Im Netz kann dies hier durchführen: http://hoertyp.de/. Bei den gleichen Beispielen kommt nun je nach Veranlagung heraus, dass eine Tonfolge absteigend - oder aufsteigend ist! Grundtonhörer ergänzen aus den vorhandenen Obertönen die Grundfrequenz und legen so die Tonhöhe fest - das Gehirn des Obertonhörers legt die Tonhöhe mittels des vorhandenen Obertonspektrums fest. Und bei diesen beiden Methoden kann nun der erhebliche Unterschied von bis zu 4 (!) Oktaven entstehen. So hört beispielsweise der eine ein eingestrichenes B, der andere im gleichen Moment ein viergestrichenes F...
"Die statistische Verteilung spricht dafür, dass es mehr extreme Grund- oder Obertonhörer gibt als gemässigte Hörer, deren Werte sich in den ausgeglicherenen Bereichen finden. Anders ausgedrückt: es gibt mehr Menschen, die statt einer gelben eine blaue Banane sehen." audio Magazin, 01/2006, S. 13
Im Gehirn lassen sich eindeutig auch Unterscheide zwischen beiden Hörtypen feststellen; ein Teil im Hörkortex ist jeweils in der linken oder rechten Hirnhälfte größer als auf der anderen Seite. Unabhängig von Alter, Geschlecht oder musikalischer Vorbildung spricht also eine Seite des Gehirns mehr auf Klänge und Musik an als die andere. Diese Dominanz einer Seite ist angeboren (die andere Seite ist nicht komplett inaktiv, spricht aber wesentlich weniger an).
Ist der linke Bereich dominant, spricht das Gehirn mehr auf kurze, schnelle Impulse an; Klänge unter einer Länge von 50 ms. Dies sind die Grundtonhörer. Daher bin ich wohl Drummer geworden, da ich Grundtonhörer bin. Gitarre, Klavier und hochfrequente Soloinstrumente (Flöte, Trompete,...) gehören auch zu den gewählten Instrumenten von Grundtonhörern. Die rechte Seite spricht mehr an auf längere Töne und die spektrale Verarbeitung des Gehörten. Lange getrage Melodien entsprechen den Vorlieben von Obertonhörern. Hier findet man meistens SängerInnen, Streicher, Orgel, Blech- und Holzblasinstrumente in tieferen Lagen.
Grundtonhörer achten verstärkt auf Timing und Präzision. Obertonhörer scheinen demgegenüber toleranter zu sein - dafür fallen diesen Klangverfärbungen sehr stark auf.
Ein interessanter Hinweis findet sich noch in dem bereits erwähnten Artikel aus dem audio-Magazin: "Interessanterweise stimmt die Einteilung der bevorzugten Instrumente nach Grund- und Oberton mit der Sitzordnung in einem modernen Sinfonieorchester überein." audio Magazin, 01/2006, S. 14
Im nächsten Teil beschreibe ich weitere interessante Fakten und mögliche Auswirkungen zu diesem Thema. Zum Schluss dieses Beitrags sollte noch ein wichtiges Zitat stehen:
"Grund- und Obertonhörer hören weder besser noch schlechter. Sie hören nur unterschiedlich." Dr. Peter Schneider